Wie entwickeln sich Vaterschaftskonzepte innerhalb einer Familie über drei Generationen hinweg? Mit dieser Frage befasst sich ein Forschungsprojekt des Deutschen Jugendinstituts (DJI) und der Universität Wrocław in Polen. Die Forschenden wollen Urgroßväter, deren Söhne und deren Enkel, die ebenfalls bereits Väter sind, zum Thema eigener und erlebter Vaterschaft in qualitativen Interviews befragen. Hierfür werden aktuell Familien in Deutschland und Polen gesucht, bei denen vier Generationen (und davon drei Generationen Väter) leben.
Väter verbringen heutzutage im Durchschnitt mehr Zeit mit ihren Kindern als ihre eigenen Väter mit ihnen. Sie sind inzwischen seltener Alleinverdiener und wünschen sich mehrheitlich eine partnerschaftliche Aufteilung familiärer Aufgaben. Dieser Wunsch nach "aktiver Vaterschaft" spiegelt sich jedoch nur teilweise in der familiären Praxis wider: Der Großteil der Väter ist immer noch in Vollzeit erwerbstätig und bringt sich vorwiegend abends und am Wochenende in die Betreuung und Erziehung der Kinder ein.
Als Ursachen für die Differenz zwischen Wunsch und gelebter Vaterschaft wurden in der Forschung bislang mehrheitlich individuelle, partnerschaftsbezogene, arbeitsmarktkulturelle und sozialpolitische Faktoren angeführt. Inwiefern der eigene Vater und sein Konzept der Vaterschaft eine Rolle spielen, wurde hingegen wenig berücksichtigt.
Diesen Aspekt untersuchen nun Forschende des Deutschen Jugendinstituts (DJI) und der Universität Wrocław in Polen: Im Zentrum steht die Frage, wie die Beziehung zum eigenen Vater, aber beispielsweise auch Migrationserfahrungen und politische Rahmenbedingungen sowie lokale Besonderheiten in Polen und Deutschland die gelebte Vaterschaft beeinflussen. Das Kooperationsprojekt "Drei Generationen von Vätern in Polen und Deutschland im Vergleich", das im April 2024 startete, wird für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Die vergleichende Perspektive soll Kontinuitäten und Brüche von Vaterschaftskonzepten sichtbar machen: Unter welchen Bedingungen bleiben diese über Generationen gleich oder verändern sich? Wie verläuft die Übertragung von einer zur nächsten Generation? Und inwiefern unterscheiden sich Vaterschaftskonzepte in den untersuchten Nachbarländern?